Recap - das war das NaturkosmetikCamp 2021

Recap - das war das NaturkosmetikCamp 2021

„Clean Cosmetic“, „Green Cosmetic“ oder doch lieber „zertifizierte Naturkosmetik” – welche neuen Begriffe treten am Markt auf und wie sehr können diese der Naturkosmetik schaden? Mit dieser Fragestellung eröffnete das NaturkosmetikCamp am Samstag die Diskussionsrunde. Im Kern des Diskurses stand dabei die Frage, wie sehr sich Konsumentinnen und Konsumenten überhaupt für Inhaltsstoffe interessieren. Die Tatsache, dass der Begriff Naturkosmetik bei den Konsumentinnen und Konsumenten noch sehr unterschiedliche Assoziationen weckt, haben wir bereits in einem früheren Blogbeitrag behandelt.

Start mit einer Kräuterwanderung

Aber zurück zum Start: Denn das diesjährige NaturkosmetikCamp im wunderschönen Panorama Royal Hotel in Bad Häring startete bereits am Vortag und war von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern seit langem herbeigesehnt worden. Im letzten Jahr musste der Austausch noch digital stattfinden, aber dieses Jahr konnten sich die Teilnehmer vom 17.-19. September wie gewohnt in die Augen sehen. Nach Überprüfung des 3G Nachweis und dem damit zusammenhängenden Check-In trafen sich die Besucher am Freitagnachmittag dann zunächst zu einer Kräuterwanderung. Unter der sachkundigen Führung von Maria Bachmann wurde jedes Kraut am Wegesrand analysiert. Als absoluter Laie, was die Flora betrifft, war ich von dem geballten Wissen überwältig und musste erstaunt feststellen, dass auch mein geringer Wissenstand falsch ist: Löwenzahnstengel sind gar nicht giftig. Nach entsprechender Vorbereitung lassen sich daraus sogar Löwenzahnstengel-Spaghetti zubereiten. Die jungen Löwenzahnblätter eigenen sich ebenfalls hervorragend für Salate und enthalten jede Menge Vitamin C, Carotin und Mineralstoffe wie Eisen und Kalium.

Kräuterwanderung beim Naturkosmetik Camp

Bildnachweis: Kräuterwanderung in Bad Häring

Die kurzweilige Führung war jedenfalls ein guter Start, um sich mit den anderen Teilnehmern zu vernetzen. Schließlich hatte sich eine bunte Mischung aus Stammgästen und Erstbesuchern des NaturkosmetikCamps zusammengefunden. In Summe waren um die 100 Teilnehmer am Start. Während langjährige Pioniere der Naturkosmetik ebenso vertreten waren wie startups, gab es auch hinsichtlich der Aufgabenfelder eine Melange aus Produzenten, Lohnhersteller, Marketing und Keyaccount Verantwortlichen sowie Beratern. In Summe überwog aber die Produzentenseite. Der unterschiedliche Erfahrungshintergrund deckte am nächsten Tag auch die unterschiedlichen Sichtweisen auf.

Zunächst aber musste am Freitagabend – wie es bei einem Barcamp üblich ist - über die einzelnen Themenfelder abgestimmt werden. Zu diesem Zweck versammelten sich die Teilnehmer bei strahlendem Sonnenschein auf der wunderschönen Terrasse zu einem Begrüßungsumtrunk. Mit dem hausgemachten Panorama Royal Cocktail in der Hand und den Kuhglocken im Hintergrund war in dem Moment auch jeder Anreisestress, ausgelöst durch die chronische Verspätung der Deutschen Bahn, vergessen. Es folgte die offizielle Begrüßung des Organisators Wolfgang Fellner, der sich ebenfalls sichtlich erleichtert über das Zustandekommen des NaturkosmetikCamps zeigte.  Danach hatte jeder „Einreicher“ die Chance in wenigen Sätzen für seinen Programmpunkt zu werben. Im Anschluss verteilten alle Teilnehmer Punkte. Da es in Summe nur 16 Einreichungen für 14 Zeitslots gab, fanden auch fast alle Sessions statt. Der erste Abend klang danach bei einem üppigen Abendbuffet und angeregten Gesprächen aus.

Clean Beauty, Green Beauty, Naturkosmetik und die Frage nach Schönheit

Richtig los ging es mit dem Programm am Samstagmorgen. Ich entschied mich für den Programmpunkt „Clean Beauty, Green Beauty – alles Green Washing?“. Durch die Stunde führte Birgit Corall, Geschäftsführerin von cobicos und eine der Pionierinnen der ersten Stunde der Naturkosmetik. Anhand einer Zeitschriftenbeilage wies sie auf die Vielfalt der Begrifflichkeiten hin und fragte beim Publikum nach, ob denn jeder wisse, was Clean Cosmetic sei. Schnell wurde klar, dass nicht mal unter Expertinnen und Experten Einigkeit herrscht. Kein Wunder ist Clean Cosmetic doch in erster Linie durch Presseinformationen von den Medien übernommen worden. Zwei Thesen standen bezüglich der Herkunft des Begriffs im Raum:

Erstens die Annahme, dass Clean Cosmetic aus dem US-amerikanischen Raum stammt. Dafür spricht die Tatsache, dass es für Naturkosmetik kein Wort in den USA gibt, weil die Regelungen in Europa in jeder Hinsicht strenger sind. Zertifizierungen nach Kriterien der Nachhaltigkeit wie durch private Siegel geschaffen, namentlich in Deutschland Cosmos und Natrue oder Ecocert in Frankreich, existieren in den USA nicht. Die zweite These ging davon aus, dass damit das Bild für die Reduzierung von Inhaltsstoffen geschaffen werden soll.

In jedem Fall herrschte Einigkeit darüber, dass verschiedene Begriffe nur Verwirrung stiften und freilich auch zwei Siegel am deutschen Markt nicht unbedingt für mehr Transparenz sorgen. Resultat der Diskussion war deshalb der Wunsch, dass die Zusammenarbeit zwischen Natrue und Cosmos intensiviert wird. Besprochen wurde auch das Faktum, dass keines der beiden Siegel über ausreichend personelle oder finanzielle Ressourcen verfüge, um eine schlagkräftige Werbekampagne für Naturkosmetik zu lancieren. Allerdings gab es seitens einer Teilnehmerin gute Ideen, wie mittels Hashtags Aufmerksamkeit in den sozialen Medien geschaffen werden könne. Langfristig besteht jedenfalls der Wunsch mit einer Stimme zu sprechen, um sich künftig auch besser gegenüber ausländischen Produzenten mit niedrigeren Standards behaupten zu können. Wie sehr die Zeit diesbezüglich drängt, wurde in der Kaffeepause danach noch weiter diskutiert.

Der nächste Workshop zum Thema „Kleine Marken ganz groß“ geleitet von Elke Hockauf, Inhaberin von Authentic Eco, begann zunächst mit einem munteren brainstorming zum Thema „Worin sind Indie Cosmetic Brands den großen Playern am Markt überlegen?“ Begriffe wie „flexibel“, „lebendig“, „authentisch“, aber auch „naiv“ und „unschuldig“ fielen aus dem Publikum. Als nächstes folgte die Fragestellung „Was braucht eine kleine Marke, um die Kunden zu finden, die kleine Marken lieben.“ Elke Hockauf bestärkte die Teilnehmer darin ihre Werte auch aufzuschreiben und anschließend von 10 Key Values auf drei zu reduzieren. Diese drei Werte müssten dann in der gesamten Markenkommunikation transportiert werden.

Beim nächsten Vortrag des NaturkosmetikCamps drehte sich nochmals alles um Inhaltsstoffe. In welcher Tiefe wollen Kundinnen und Kunden der Naturkosmetik sich mit einzelnen Inhaltsstoffen befassen? Haben es Begriffe wie Clean Cosmetic deshalb so einfach am Markt, weil keine Auseinandersetzung damit stattfindet. Darüber herrschte Uneinigkeit. In dem Zusammenhang wurde aber auch darauf hingewiesen, dass Aussagen wie „Ohne Parabene“, „Ohne Silikone“ mittlerweile verboten seien. Das mache es der Naturkosmetik noch schwerer sich ausreichend gegenüber konventioneller Kosmetik abzugrenzen.

Amo como soy Gründerin über wahre Schönheit

Bildnachweis: Schareska Antequera de Friebertshäuser, Gründerin von Amo como soy, über Schönheit

Ein abschließendes Highlight des Tages war der Workshop von Schareska Antequera de Friebertshäuser, Inhaberin der Kosmetikmarke Amo como soy. Anhand von Gruppenarbeiten zeigte sie uns die unterschiedlichen Facetten von Schönheiten. Im wahrsten Sinne des Wortes liegt die Schönheit immer im Auge des Betrachters und hat wenig mit der geschönten Darstellung in Sozialen Medien zu tun. 

Weitere Ideen, die an diesem Tag diskutiert wurden, war der Vorschlag die neuesten Features der Social-Media-Kanäle stärker zu nutzen. Auch einzelne Apps und Plattformen für nachhaltige Produkte wurden vorgestellt. Ebenfalls berichtet wurde über Kooperationserfolge mit branchenfremden Partnern.

Ausklang fand der Tag schließlich bei der Erstellung der Vision für die Naturkosmetik 2030 und bei mir persönlich beim Sprung in den Swimmingpool.

Achtsamkeit bei Qi Gong, Düften und Influencer

Der letzte Tag startete für einige Teilnehmer in der Früh mit einer Qi Gong Lektion von Hotelinhaber und Qi Gong Meister Peter Mayer. Persönlich war ich leider nicht dabei. Ganz offensichtlich muss die Morgenstunde auf der Terrasse des Panorama Royal mit Blick auf die herrliche Bergkulisse aber sehr eindrucksvoll gewesen sein.

Peter Mayer, Hotelinhaber des Panorama Royal und Qi-Gong Meister

Bildnachweis: Peter Mayer, Hotelinhaber und Qi-Gong Meister im Panorama Royal

Eindrucksvoll waren in Folge auch die Duftproben bei dem ersten Programmpunkt des Tages die Bodo Kubartz von „Passion and Consulting“ präsentierte. Um uns auch die Veränderungen der ätherischen Öle im Zeitabschnitt aufzuzeigen, hatte er einige Öle bereits eine Stunde zuvor aufgesprüht. Die Meinungen zu manchen Düften gingen dementsprechend auseinander. In jedem Fall war die Selbsterkenntnis lehrreich, wie sehr mich Verpackung und Storytelling bei der Kaufentscheidung beeinflussen. Jenen Duft, den ich im blinden Riechen gar nicht mochte, wurde am Ende von mir zweitgereiht. Weniger das Dufterlebnis als die Gründergeschichte und der Flacon hatten mich überzeugt.

Gründerin Fräulein Haircare beim Naturkosmetik Camp

Bildnachweis: Martina Wiesenbauer, Gründerin von Fräulein Haircare, über Influencermarketing

Der vorletzte Workshop des Naturkosmetikcamps war mein eigener. Zum Thema „Influencermarketing und Naturkosmetik – wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Influencern und Brands?“ diskutierten wir angeregt Best Practice Beispiele und Erfahrungen. Ein wichtiger Hinweis im Workshop kam von Hassaan Hakim von der Agentur Yool, der auf die Wichtigkeit von Tik Tok hinwies. Während organisches Wachstum auf Instagram kaum mehr möglich sei und selbst Gewinnspiele nur mehr geringen Wachstum bei Followern zeige, sei Tik Tok die „Plattform der Begeisterung“. (So zumindest meine freie Übersetzung. Hassan Hakim drückte es etwas plakativer aus 😉)

Als letzter Beitrag folgte eine Diskussion über die Arbeit zwischen Agenturen und Brands geleitet von Alexandra Richter. Ein wichtiger Beitrag in dem Zusammenhang kam seitens des Publikums als auf die Unterscheidung in den USA zwischen Marketing und Brand Communication hingewiesen wurde. Uneinigkeit herrschte bei der Bewertung datengetriebener Kommunikation, da diese in Europa durch die DSGVO enorm erschwert wurde.

Begeistert von der großartigen Organisation, den fachlich fundierten Pausengesprächen und den unterschiedlichen aber immer interessanten Teilnehmern, bin ich kurz vor Mittag die Heimfahrt angetreten. Auch wenn die deutsche Bahn abermals durch Verspätung und Ausfall von Zügen glänzte und ich so den Hanauer Bahnhof besonders lang und intensiv kennenlernen durfte, wird es nicht mein letztes NaturkosmetikCamp gewesen sein.

Bildnachweis Titelbild: NaturkosmetikCamp unter dem Motto „Mit Herz & Hirn, Ecken & Kanten“; Foto: Adobe Stockradachynskyi

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